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Die strafrechtliche Haftung des Compliance Officers
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Die strafrechtliche Haftung des Compliance Officers
Zum Urteil des BGH vom 17.07.2009 - 5 StR 394/08
Der 5. Senat des BGH hat sich in der Entscheidung mit der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des sog. „Compliance Officers“ auseinandergesetzt.
Das Landgericht Berlin hatte den Angeklagten, der als Volljurist und zeitweise als Leiter der Innenrevision bei den Berliner Stadtreinigungsbetrieben tätig war, wegen Beihilfe (durch Unterlassen) zum Betrug zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. Die Revision des Angeklagten hiergegen blieb erfolglos.
Der Senat unterstrich in seiner Entscheidung die weitreichende Verpflichtung eines Compliance Officers, strafbares Verhalten zu verhindern und bei Anhaltspunkten einzugreifen.
Dabei stellte er insbesondere heraus, dass durch die Übernahme eines Pflichtenkreises eine rechtliche Einstandspflicht im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB, eine sog. Garantenpflicht begründet werden kann. Die Entstehung einer Garantenstellung hieraus folgt aus der Überlegung, dass denjenigen, dem Obhutspflichten für eine bestimmte Gefahrenquelle übertragen sind, auch eine „Sonderverantwortlichkeit“ für die Integrität des von ihm übernommenen Verantwortungsbereichs trifft (s. Freund in MünchKomm StGB § 13 Rdn. 161).
Zwar reiche der bloße Abschluss eines Dienstvertrages nicht zur Begründung dieser Pflicht aus. Maßgebend für die Begründung einer Garantenstellung sei vielmehr die tatsächliche Übernahme des Pflichtenkreises (Rz. 25). Hinzutreten müsse dazu regelmäßig ein besonderes Vertrauensverhältnis, das den Übertragenden gerade dazu veranlasst, dem Verpflichteten besondere Schutzpflichten zu überantworten (vgl. BGHSt 46, 196, 202 f.; 39, 392, 399).
Jene Einstandspflicht beschränke sich jedoch nicht nur darauf, Vermögensbeeinträchtigungen des eigenen Unternehmens zu unterbinden, sondern sie könne auch die Verhinderung aus dem eigenen Unternehmen kommender Straftaten gegen dessen Vertragspartner umfassen.
Während diese Ausführungen sich auf den konkreten Fall bezogen in dem der Angeklagte kein Compliance Officer im eigentlichen Sinne war, sondern Leiter der Innenrevision, so überträgt der Senat im Folgenden die Rechtsauffassung bezüglich der Garantenstellung ins Allgemeine:
„Derartige Beauftragte (Compliance Officers) wird regelmäßig strafrechtlich eine Garantenpflicht im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB treffen, solche im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Unternehmens stehende Straftaten von Unternehmensangehörigen zu verhindern. Dies ist die notwendige Kehrseite ihrer gegenüber der Unternehmensleitung übernommenen Pflicht, Rechtsverstöße und insbesondere Straftaten zu unterbinden.“ (Rz. 27).
Durch dieses „Kehrseiten-Kriterium“ des BGH (vgl. Barton, jurisPraxisReport-Strafrecht 22/2009) besteht folglich regelmäßig eine Erfolgsverhinderungspflicht des Compliance Officers und somit auch das Risiko einer Verurteilung nach §§ 27, 13 StGB.
Zwar muss für eine Strafbarkeit nach § 27 StGB der sog. „doppelte Gehilfenvorsatz“ vorliegen, d.h. fahrlässige Unterstützungshandlungen reichen nicht aus, (Fischer, StGB, § 27, Rn. 20), allerdings kann fahrlässiges Verhalten zu einer zivilrechtlichen Haftung des Compliance Officers führen.
Auch wenn es somit im Regelfall mangels Vorsatz nicht zu einer Bestrafung käme, greift die allgemeine Annahme einer Garantenpflicht zu weit. Ein Compliance Officer kann nicht als Garant dafür einstehen müssen, dass Beschäftigte bei einem Unternehmen keinerlei Straftaten begehen.
Im entschiedenen Fall hat der BGH im Übrigen klargestellt, dass der Angeklagte, der als Leiter der Innenrevision kein Compliance Officer war, nicht „automatisch“ garantenpflichtig sei (Rz. 28), vielmehr bestünden hier Besonderheiten aus denen sich die Pflicht begründe:
Das Unternehmen sei eine Anstalt des öffentlichen Rechts und die vom Angeklagten nicht unterbundene Tätigkeit bezog sich auf den hoheitlichen Bereich des Unternehmens. Anders als bei rein privaten Unternehmen sei bei einer Anstalt des öffentlichen Rechts der Gesetzesvollzug das eigentliche Kernstück ihrer Tätigkeit. Dies bedeute auch, dass die Erfüllung dieser Aufgaben in gesetzmäßiger Form zentraler Bestandteil ihres „unternehmerischen“ Handelns sei. Die Überwachungspflicht des Angeklagten konzentriere sich so auf die Einhaltung dessen, was Gegenstand der Tätigkeit des Dienstherrn sei (gesetzmäßiger Vollzug der Straßenreinigung) und begründe so auch eine entsprechende Garantenpflicht.
Auch wäre es hier dem Angeklagten durch die Unterrichtung des Vorstandsvorsitzenden oder des Aufsichtsratsvorsitzenden möglich gewesen, betrügerische Handlungen zu unterbinden und da er alle Umstände kannte, war hier auch die subjektive Tatseite gegeben (Rz. 31). Der Angeklagte handelte hier also mit Gehilfenvorsatz.
Der Nachweis eines solchen Vorsatzes wird sich jedoch in der Praxis – entgegen den ersten Stellungnahmen zu dieser Entscheidung – nur schwerlich erbringen lassen. Hier ist der Punkt (anders als bei der oftmals wenig erfolgreichen „Vorsatzverteidigung“), in dem die Verteidigung ansetzen kann, um eine Verurteilung erfolgreich abzuwenden.
Davon unberührt ist eine (grob) fahrlässige Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten, die zivilrechtliche bzw. arbeitsrechtliche Schritte gegen den Angestellten ermöglichen.
Darüber hinaus ist der Automatismus für die Privatwirtschaft, mit dem der 5. Senat hier dem in seinem Pflichtenkreis tätigen Compliance Officer stets eine Garantenpflicht zuspricht, viel zu allgemein. Es muss stets der Einzelfall und die konkrete Pflichtenübernahme untersucht werden.
So ist nicht allein die Bezeichnung als „Compliance Officer“ oder „Compliance Beauftragter“ entscheidend – die Garantenpflicht ergibt sich vielmehr aus dem jeweiligen Pflichtenkreis. Da dieser zunächst vertraglich festgelegt wird, muss hier bereits präventiv Wert auf die sorgfältige und klare Formulierung vertraglicher Pflichten des Compliance Officers gelegt werden, so dass die Gefahr einer Strafbarkeit des Unternehmensangehörigen von vorneherein vermieden wird.